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Medikationssicherheit

Arzneimittelsicherheit während des Produktlebenszyklus

Sehen Sie sich hier das Video zu "Pharmacovigilance (PV) at Roche" an.

Arzneimittel werden in den präklinischen und klinischen Phasen eingehend geprüft, um ihre Sicherheit und Wirksamkeit nachzuweisen, bevor sie bei positivem Nutzen-Risiko-Verhältnis zur Verwendung zugelassen werden. Trotz dieser sorgfältigen Bewertung lassen sich außergewöhnliche und seltene Risiken möglicherweise erst nach der Markteinführung eines Produkts feststellen, da die klinischen Prüfungen auf eine sorgfältig ausgewählte Patientengruppe unter streng kontrollierten Bedingungen und in einem begrenzten Zeitrahmen beschränkt sind. Daher ist die Überwachung der Sicherheit von Arzneimitteln nach dem Inverkehrbringen (Pharmakovigilanz) ein entscheidender Schritt, um zu gewährleisten, dass pharmazeutische Produkte in der heterogenen Bevölkerung der realen Welt, einschließlich Menschen mit mehreren Krankheiten und Therapien über einen langen Zeitraum, sicher sind.1 (Abbildung 1)

Abbildung 1: Überblick über die verschiedenen Bereiche zur Gewährleistung und Aufrechterhaltung des sicheren Gebrauchs von Arzneimitteln (Prozesse zur Überwachung der Arzneimittelsicherheit).

Laut Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO), umfasst die Pharmakovigilanz “die Wissenschaft und die Tätigkeiten, die sich mit der Erkennung, der Bewertung, dem Verständnis und der Vorbeugung von unerwünschten Ereignissen oder anderen Problemen im Zusammenhang mit Arzneimitteln/Impfstoffen befassen”1.  

Da kein Arzneimittel ohne Risiken ist, arbeiten pharmazeutische Unternehmen gemeinsam mit den Zulassungsbehörden an der kontinuierlichen Bewertung des Nutzen-Risiko-Profils ihrer Produkte. Die wichtigsten Datenquellen für die kontinuierliche Risikobewertung sind Studien nach der Markteinführung, Register und vor allem das Spontanmeldesystem5. Diese Daten fließen zusammen mit klinischen Studiendaten in die kontinuierliche Bewertung des Nutzen-Risiko-Profils des Arzneimittels ein (Abbildung 2)2. Das Sicherheitsprofil und die möglichen Risiken des Arzneimittels werden im Risikomanagement Plan (RMP) detailliert zusammengefasst2. Zudem wird im RMP festgelegt, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Risiken genauer zu verstehen (weitere Pharmakovigilanz-Aktivitäten) und wie potenzielle oder festgestellte Risiken gemindert werden können (risikominimierende Massnahmen), z. B. durch die Bereitstellung von Schulungsmaterial oder die zusätzliche Überwachung von Patient:innen (Abbildung 2)2.  Das im RMP beschriebene Sicherheitsprofil dient als wichtige Bewertungsgrundlage für die behördliche Zulassungsentscheidung und die Aufrechterhaltung der Zulassungsgenehmigung2.

Die aktuellen Zusammenfassungen der RMPs der in der Schweiz zugelassenen Produkte können auf der Website der Swissmedic heruntergeladen werden.

Abbildung 2: Überblick über den Risikomanagement-Plan Zyklus

 

Die Pharmakovigilanz liegt jedoch nicht nur in der Verantwortung des Zulassungsinhabers und der Behörden, sondern erfordert die Mitwirkung verschiedener Interessengruppen, insbesondere von Angehörigen der Gesundheitsberufe und Patient:innen. Pharmazeutische Unternehmen sind auf die Meldung unerwünschter Ereignisse angewiesen, von denen medizinisches Fachpersonal oder Betroffene Kenntnis erlangen. Durch die Erfassung solcher Spontanmeldungen kann das Sicherheitsprofil von Arzneimitteln besser verstanden und  deren sichere Anwendung gewährleistet werden.

Sie können eine wichtige Rolle dabei spielen, die Sicherheit von Arzneimitteln zu erhöhen, indem Sie Nebenwirkungen über die folgenden Kanäle melden:

  • An die Arzneimittelbehörde Swissmedic: ElViS Portal
  • Im Falle eines Roche-Medikaments können Sie auch das  MedInfo-Portal für direkte Meldungen an Roche nutzen

Die wichtigste Methode um neue Nebenwirkungen von bereits zugelassenen Arzneimitteln zu identifizieren, ist das Verfahren der "Spontanmeldung".

Eine Spontanmeldung ist eine unaufgeforderte Mitteilung eines Angehörigen der Gesundheitsberufe oder eines Verbrauchers an ein Unternehmen oder die Zulassungsbehörde, in der eine unerwünschte Arzneimittelwirkung beschrieben wird und die nicht aus einer Studie oder einem geplanten Datenerfassungsprogramm stammt. Alle gemeldeten unerwünschten Ereignisse werden medizinisch analysiert, um sicherzustellen, dass neue potenzielle Sicherheitssignale erkannt und geeignete Maßnahmen ergriffen werden.3

Insgesamt gewährleistet das Spontanmeldesystem eine frühzeitige Warnung vor potenziellen Schäden und ermöglicht:

  • mögliche Risiken oder Probleme für die öffentliche Gesundheit frühzeitig zu erkennen
  • das Nutzen-Risiko-Profil des Arzneimittels kontinuierlich in der Praxis zu überwachen
  • das Wissen über spezielle Patientengruppen zu erweitern, die in klinischen Studien noch nicht umfassend untersucht wurden (z. B. Schwangere, ältere oder komorbide Patient:innen)
  • spät auftretende und sehr seltene Nebenwirkungen zu erkennen
  • das Wissen über Wechselwirkungen zwischen Medikamenten zu verbessern

Das schweizerische Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (HMG) Art. 59 Abschnitte 1 & 3 sieht vor, dass alle Fachpersonen, die berechtigt sind, Arzneimittel abzugeben, anzuwenden oder zu verschreiben, verpflichtet sind, schwerwiegende und bisher unbekannte unerwünschte Ereignisse und Zwischenfälle, Beobachtungen anderer schwerwiegender und bisher unbekannter Tatsachen oder Qualitätsmängel, die für die Arzneimittelsicherheit von Bedeutung sind, zu melden. Ebenso besteht eine Meldepflicht für pharmazeutische Unternehmen, die Arzneimittel herstellen oder vertreiben (Abbildung 3).4

Abbildung 3: Übersicht des Spontanmeldesystems in der Schweiz.5

 

Das nationale Pharmakovigilanz-Zentrum der Swissmedic nimmt Meldungen über unerwünschte Ereignisse von Fachpersonen und Patient:innen entgegen und bearbeitet diese. Das nationale Zentrum wird von sechs regionalen Zentren in der Bearbeitung der Fälle unterstützt, die den Abteilungen für klinische Pharmakologie einer universitären Einrichtung angegliedert sind. Auch die Hersteller erhalten und bearbeiten Meldungen von Fachpersonen und Patient:innen zu unerwünschten Ereignissen, verarbeiten diese, um neue Sicherheitssignale zu erkennen, und stehen in engem Austausch mit der Swissmedic, um die nationale Überwachung der Sicherheitssignale zu gewährleisten.5,6

Das Pharmakovigilanz-Zentrum von Swissmedic arbeitet eng mit dem internationalen Zentrum für Arzneimittelsicherheit der WHO zusammen, um die Signalerkennung und die wissenschaftliche Forschung im Bereich der Medikationssicherheit auf globaler Ebene zu ermöglichen. So fliessen in der Schweiz gemeldete Verdachtsfälle von unerwünschten Arzneimittelwirkungen anonymisiert in die Datenbank VigiBase des Uppsala Monitoring Center der WHO ein.5

Was ist ein unerwünschtes Ereignis?7

Nach der Definition der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) ist ein unerwünschtes Ereignis definiert als "ein unerwünschtes medizinisches Ereignis nach der Einnahme eines Arzneimittels, das nicht unbedingt durch dieses Arzneimittel verursacht wird".

Besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen dem unerwünschten Ereignis (UE oder engl. adverse event (AE)) und der Exposition gegenüber einem Arzneimittel, spricht man von einer unerwünschten Arzneimittelwirkung (UAW oder engl. adverse drug reaction (ADR)).

 

Was geschieht mit Nebenwirkungen, die einem Pharmaunternehmen gemeldet werden?

Alle gemeldeten unerwünschten Ereignisse werden von Pharmakovigilanz-Spezialisten bearbeitet und medizinisch beurteilt. Je nach Einzelfall und abhängig von den Meldekriterien wird ein Follow-up mit dem Reporter durchgeführt, um den Fall besser zu charakterisieren. Alle analysierten Berichte werden in eine Datenbank eingegeben, um Signale zu erkennen und an die Zulassungsbehörden weiterzuleiten. Solche Signale werden von den Gesundheitsbehörden und den pharmazeutischen Unternehmen gemeinsam untersucht und können zu einer Änderung der Art und Weise führen, wie das Medikament verschrieben und verwendet wird.

 

Wie funktioniert die globale Signalerkennung?8

Treten in den Berichten häufige oder unerwartete Beschwerden auf, so kann dies ein Hinweis auf eine noch unentdeckte Nebenwirkung sein. Solche Sicherheitssignale werden sorgfältig ausgewertet, um festzustellen, ob die gemeldeten Nebenwirkungen einen kausalen Zusammenhang mit dem Medikament haben und der statistisch zu erwartenden Verteilung entsprechen. Bestätigt sich ein Signal und wurde damit ein neues unerwünschtes Ereignis identifiziert oder hat sich die Häufigkeit eines bekannten unerwünschten Ereignisses verändert, wird diese Information in der Fach- und/oder Patienteninformation aktualisiert, das Nutzen-Risiko-Profil des Arzneimittels neu bewertet und die Maßnahmen zur Risikominderung gemäss RMP neu beurteilt.

Zudem erstellen Pharmaunternehmen in regelmässigen Abständen einen “Periodic Benefit-Risk Evaluation Report” (PBRER), welcher relevante neue Sicherheitsinformationen enthält, die einen Einfluss auf das Nutzen-Risiko-Profil haben könnten, und reichen diesen bei Swissmedic ein. Basierend auf diesem Bericht des Herstellers wird entschieden, ob Änderungen an der Fach- oder Patienteninformation vorgenommen werden müssen.10

 

Wann ist ein Fall schwerwiegend (engl. “serious”)?9

Nach der Definition der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) ist “eine schwerwiegende Nebenwirkung ein unerwünschtes medizinisches Ereignis, das bei einer beliebigen Dosis zum Tod führt, lebensbedrohlich ist, einen stationären Krankenhausaufenthalt oder eine Verlängerung eines bestehenden Krankenhausaufenthalts erfordert, zu einer anhaltenden oder erheblichen Behinderung oder Invalidität führt oder eine angeborene Anomalie/einen Geburtsfehler darstellt.

Die Folgen sollten zum Zeitpunkt der Reaktion berücksichtigt werden, um zu bestimmen, ob ein Fall schwerwiegend ist. Lebensbedrohlich ist beispielsweise eine Reaktion, bei welcher der Patient/ die Patientin zum Zeitpunkt der Reaktion vom Tod bedroht war; es handelt sich nicht um eine Reaktion, die hypothetisch zum Tod hätte führen können, wenn sie schwerer gewesen wäre. Die Entscheidung, ob eine Situation als schwerwiegend oder nicht schwerwiegend einzustufen ist, sollte nach ärztlichem Ermessen getroffen werden.“

 

Wie wird die Kausalität bewertet (engl. “causality assessment”)?9

Nach der Definition der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) ist “eine unerwünschte Arzneimittelwirkung im Gegensatz zu einem unerwünschten Ereignis dadurch gekennzeichnet, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen einem Arzneimittel und einem Ereignis vermutet wird. Wie in der ICH-E2D (GVP Anhang IV) dargelegt, erfüllt ein spontan gemeldetes Ereignis die Definition einer unerwünschten Wirkung, auch wenn der Zusammenhang nicht bekannt ist oder nicht angegeben wird. Daher werden alle Spontanmeldungen, die von Angehörigen der Gesundheitsberufe oder Verbrauchern gemeldet werden, als vermutete Nebenwirkungen betrachtet, da sie den Verdacht der primären Quellen wiedergeben, es sei denn, der Meldende gibt ausdrücklich an, dass die Ereignisse seiner Meinung nach in keinem Zusammenhang stehen oder dass ein kausaler Zusammenhang ausgeschlossen werden kann.”

 

Wie melde ich ein unerwünschtes Ereignis?

Zur Meldung eines unerwünschten Ereignisses sind folgende Informationen erforderlich:

  1. Beschreibung des Ereignisses (vermutete unerwünschte Arzneimittelwirkung oder besonderes meldepflichtiges Ereignis)
  2. Name des Arzneimittels (wenn möglich, geben Sie den Markennamen, die Charge und die Chargennummer an. Bitte beachten Sie: Die beiden letztgenannten Angaben sind für Biosimilars obligatorisch oder werden andernfalls vom Hersteller angefordert, falls sie nicht angegeben werden.)
  3. Patienteninformationen (z. B. Alter, Geschlecht)
  4. Informationen über den Berichterstatter
  5. Alle sonstigen zusätzlichen Informationen, die für den Fall von Bedeutung sein könnten und die Beurteilung des Falles erleichtern (z. B. Begleitmedikation, Verlauf des Ereignisses usw.)

 

Wichtig ist, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen einem Ereignis und dem Medikament nachgewiesen sein muss - der Verdacht reicht aus, um eine Meldung zu machen.

Jede Meldung trägt zur Sicherheit aller Patienten bei

Sie können eine wichtige Rolle dabei spielen, die Sicherheit von Arzneimitteln zu erhöhen, indem Sie Nebenwirkungen über die folgenden Kanäle melden:

  • Direkt an die Arzneimittelbehörde Swissmedic: ElViS Portal
  • Im Falle eines Roche-Medikaments können Sie auch das MedInfo-Portal für direkte Meldungen an Roche nutzen
  1. World Health Organization. “What is Pharmacovigilance?” World Health Organization, 2022, https://www.who.int/teams/regulation-prequalification/regulation-and-safety/pharmacovigilance. Accessed 27 July 2022.
  2. European Medicines Agency (EMA). Guideline on good pharmacovigilance practices (GVP) Module V – Risk management systems. Rev 2, 28 March 2017. European Medicines Agency (EMA), https://www.ema.europa.eu/en/documents/scientific-guideline/guideline-good-pharmacovigilance-practices-module-v-risk-management-systems-rev-2_en.pdf.
  3. International Council for Harmonisation of Technical Requirements for Pharmaceuticals for Human Use (ICH). POST-APPROVAL SAFETY DATA MANAGEMENT: DEFINITIONS AND STANDARDS FOR EXPEDITED REPORTING E2D. Step 4, 12 November 2003. ICH Database, https://database.ich.org/sites/default/files/E2D_Guideline.pdf.
  4. Schweizerische Eidgenossenschaft. Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG). 1 January 2022. Fedlex - the publication platform for federal law, https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2001/422/en.
  5. Swissmedic. “Pharmacovigilance.” Swissmedic, 2021, https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/marktueberwachung/pharmacovigilance.html. Accessed 27 July 2022.
  6. Swissmedic. “Neue Meldewege für Nebenwirkungsmeldungen von medizinischen Fachpersonen ab dem 1. Januar 2021.” Swissmedic, 2020, https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/news/mitteilungen/neue_meldewege_nebenwirkungsmeldungen.html. Accessed 27 July 2022.
  7. European Medicines Agency (EMA). “Glossaries.” European Medicines Agency (EMA), 2022, https://www.ema.europa.eu/en/about-us/about-website/glossary/name_az/A. Accessed 27 July 2022.
  8. European Medicines Agency (EMA). “Signal management.” European Medicines Agency (EMA), 2021, https://www.ema.europa.eu/en/human-regulatory/post-authorisation/pharmacovigilance/signal-management. Accessed 27 July 2022.
  9. European Medicines Agency (EMA). Guideline on good pharmacovigilance practices (GVP). Module VI – Collection, management and submission of reports of suspected adverse reactions to medicinal products (Rev 2). Rev 2, 28 July 2017. European Medicines Agency (EMA), https://www.ema.europa.eu/en/documents/regulatory-procedural-guideline/guideline-good-pharmacovigilance-practices-gvp-module-vi-collection-management-submission-reports_en.pdf.
  10. European Medicines Agency (EMA). ICH guideline E2C (R2) on periodic benefit-risk evaluation report (PBRER). Step 5 ed., January 2013. European Medicines Agency (EMA), https://www.ema.europa.eu/en/documents/regulatory-procedural-guideline/international-conference-harmonisation-technical-requirements-registration-pharmaceuticals-human-use_en-0.pdf.

Alle Referenzen können bei Roche Pharma (Schweiz) AG angefordert werden.

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